Prelude
2012
war ein ereignisreiches Jahr.
An einem Vormittag gab es eine außerordentliche Versammlung des Vorstands – er verkündete voller Freude, dass es das erfolgreichste Jahr aller Zeiten gewesen sei.
Am selben Nachmittag wurde dann bekannt gegeben, dass die gesamte Online-Abteilung entlassen wird. Und gleich mit dazu: ein Teil der Inhouse-Repro – also ich und zwei weitere Kollegen.
Toll.
Aber gut – neue Chancen, neue Wege.
April
Ein paar Monate später beschenkte uns das Leben mit unserer Tochter Mirjana.
Sie kam zur Welt mit etwas, das mir damals noch unbekannt war: einem dritten, zusätzlichen Chromosom 21 – also dem Down-Syndrom.
Aber ganz ehrlich: Das ändert nichts an der Liebe zu ihr. Warum auch?
Star Trek hat uns schon früh gezeigt, wie wertvoll Vielfalt ist – und wie wichtig es ist, Anderssein nicht nur zu akzeptieren, sondern zu feiern.
Heute, mehr als zehn Jahre später, steht da ein fröhliches, kluges und selbstbewusstes Kind.
Es fehlt ihr an nichts – und uns auch nicht.

August
In einer Samstagnacht gegen 3 Uhr zog ein heftiger Sturm auf.
Ein starker Schauer prasselte nieder, ließ kurz nach – nur um dann mit voller Wucht zurückzukehren. Das ging mehrere Stunden so.
Am Morgen schien wieder die Sonne. Wir nutzten die Gelegenheit für einen kleinen Spaziergang.
Auf dem Weg begegneten wir unserer Kinderärztin, die vor ihrer Praxis stand – sie wirkte leicht besorgt.
Neben der Praxis befand sich eine offene Garageneinfahrt. Dicke Schläuche führten von dort direkt in ein Feuerwehrauto.
Ein Feuerwehrmann stand daneben. Ich fragte ihn, was los sei – mein Auto stand nämlich in genau dieser Garage.
Er sah mich an und fragte: „Welche Farbe hat denn Ihr Auto?“
„Grün-Blau“, antwortete ich.
Er lächelte leicht und sagte:
„Na ja … alle Autos in der Garage sind jetzt Grau-Braun.“
Ein Kopfkino fing an.





Tja – das war’s dann mit dem Auto aus der Jugend.
Alle Fahrzeuge in der Garage waren Totalschäden.
Auch die Kinderärztin hatte es hart getroffen: Ihr teures Labor lag direkt neben der eingedrückten Tür und war komplett zerstört.
In der ganzen Umgebung standen die Keller unter Wasser.


Die Ursache der Überschwemmung war tragisch – und vermeidbar.
Einen Tag zuvor wurden am Ufer Gartenarbeiten durchgeführt: Sträucher und kleine Bäume wurden zurückgeschnitten. Doch das Schnittgut wurde nicht abtransportiert, sondern einfach am Ufer liegen gelassen – offenbar, um es später zu entsorgen.
Der starke Regen spülte das gesamte Schnittgut in die Panke. An der Rechenanlage sammelte sich alles und wurde zunächst noch vom Greifarm aufgenommen und in einen Container entladen.
Nur leider: Der Container war bereits voll – und der Greifarm stellte seinen Betrieb ein.
Das Material verstopfte weiter das Gitter, ein Damm entstand, das Wasser stieg.
Trotz Videoüberwachung und Bereitschaftsdienst der Berliner Wasserbetriebe geschah nichts.
Niemand griff ein.
Niemand fühlte sich verantwortlich.
Und das, obwohl sich die Situation über Stunden hinweg aufbaute.



Gemeinsam mit der Kinderärztin und weiteren Betroffenen gründeten wir eine kleine Interessengemeinschaft. Unser Ziel: auf legalem Weg eine Entschädigung für die Schäden zu erwirken. Doch der Berliner Senat fühlte sich nicht verantwortlich, die Wasserbetriebe ebenfalls nicht – und die Versicherungen interessierte es ohnehin kaum.
Am Ende blieb jeder auf seinem Schaden sitzen.
Ein paar Tage später rief ich den ADAC, um mein Auto aus der Garage bergen zu lassen. Ich schob es so zurecht, dass der Wagen mit einer Seilwinde die Auffahrt hochgezogen werden konnte. Während der Aktion saß ich selbst im Auto – für den Fall, dass das Seil reißen würde, um notfalls die Handbremse zu ziehen.
Das Problem: Das Auto wog mittlerweile nicht nur sein Eigengewicht, sondern war auch mit einer ordentlichen Menge Wasser vollgelaufen.
Das merkte ich spätestens dann, als der Wagen steil stand – und mir plötzlich ein ganzer Schwall Wasser entgegenkam.
Ironischerweise gar nicht so schlecht: So wurde das Auto auf halbem Weg schon mal ordentlich „entleert“.
Wir stellten es schließlich auf einem gegenüberliegenden Parkplatz ab. Nach einer kurzen Begutachtung rief ich meinen Mechaniker an und fragte, ob er mal versuchen wolle, das Auto zu retten.
Er meinte nur: „Bring’s vorbei, ich schau’s mir an.“
Mein Mitbewohner schleppte mich samt Auto direkt zu ihm.
September
Wir haben erst mal unsere Elternzeit und dazu genutzt, mit unserer Tochter einen Monat in Serbien zu verbringen. Die Temperaturen waren sehr erträglich, wir feierten mit der Familie die Geburt unserer Tochter und kochten viel Ajvar.

Oktober
Zurück in Berlin fuhr ich zum Mechaniker, um nach dem Auto zu schauen. Er schüttelte den Kopf und sagte, es sei aussichtslos. Die Steuergeräte sind alle kaputt, es wäre ein nicht zu bezahlender Aufwand es wieder alles zu reparieren. Er gab mir noch ein paar Nummern von Verschrottern. Ich bat ihn noch vor dem Urlaub wenigstens das Auto auf dem Hof offenzuhalten, damit es trocknet. Da er es für sinnlos hielt, stand das Auto auf der Straße geparkt. Geschlossen. Für über einen Monat. Der Geruch, der mir entgegenschlug als ich die Tür öffnete, kann ich nicht beschreiben. Das Wasser war ja kein frisches Quellwasser, sondern alles, was aus der Kanalisation auf die Oberfläche kommt, wenn es Überschwemmungen gab. Der ganze Innenraum war vom Schimmel übersät. Wir lüfteten es kurz, legten Mülltüten über den Sitz und mein Mitbewohner schleppte mich ab.

Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde. Da die Elektronik tot war, konnte ich nicht mal das Fenster öffnen. Eine Maske wäre damals sehr hilfreich gewesen. Wir parkten das Auto vor unserer Wohnung.

Die Verschrotten boten mir viel zu wenig, um mich von dem Auto zu trennen. Ich habe etliche Jahre nach dem Auto damals gesucht und es in einem perfekten Zustand gekauft. Also fing ich an erst mal Stück für Stück das Auto im Innenraum auseinander zu nehmen und es zu trocknen. Ich wechselte das Öl und den Filter etliche male. Beim ersten Wechsel kam erst mal eine braune Wasser-Öl-Pampe raus. Die Batterie war leer, lies sich aber wieder aufladen. Ich besorgte über HONDA Foren gebrauchte Steuergeräte und sogar einen ganzen Kabelbaum. Mir war klar, dass es sinnlos war. Ich hatte viel Zeit, da ich immer noch in Elternzeit war und ab und an arbeitete ich an dem Auto. Im Internet fand ich zum Auto ein mehrere Tausend Seiten “Service-Manual”, also eine Anleitung zur Reparatur. Für Teile und Öl gab ich um die 1000 €. Absolutes Risikokapital.
Dieser Blinkcode ist typisch beiFehlern in Autos. Bei vielen steht der Fehler auf dem Display. Die Blinkcodes sind kurz und lang, diese muss man zählen und im Buch nachschauen welcher Fehler dieser ist.

November
Februar 2013
Es war noch kalt und der Winter voll im Gange. Im Video sieht man auch paar Schneeflocken. Immer wieder versuchte ich die Fehlercodes zu eliminieren in dem ich alles reparierte. In der Zwischenzeit kamen auch die neuen gebrauchten Steuergeräte und zeigen immer noch Fehler an. Die Fehler blieben. Aber irgendwann sprang der Motor an!
Der Motor lief immer paar Minuten, um dann elend hustend auszugehen. Danach sprang er nicht wider an. Erst paar Stunden oder Tage später sprang er an und ging wieder nach paar Minuten aus. Es war mir ein Rätsel. Irgendwann entdeckte ich den YouTube Kanal EricTheCarGuy und beschrieb in seinem Forum das Problem inklusive Video. Eric antwortete und gab mir den Tipp, in der Verteilerkappe nachzuschauen. Dies tat ich und stellte fest, dass sich da ein riesigen Eisblock gebildet hat. Während das Auto kalt war, war das Eis fest und drehte sich mit. Jedoch sobald der Motor wärmer lief, schmolz das Wasser und verteile sich auf die Kontakte und verursachte Störungen. Diese führten zum Erwürgen des Motors. WD40 und paar Tücher erledigten das Problem und die Verteilerkappe war wieder trocken. Der Motor lief jetzt ohne Probleme!
2022 Juni
Das Auto hatte mal wieder TÜV ohne Beanstandungen bekommen. Beim nächsten mal, in 2 Jahren, wird der Prelude 30 Jahre alt sein und ein H Kennzeichen bekommen.

Ich bin weder Mechaniker noch Elektriker, aber ich lerne sehr gerne und sehr schnell.
Der Wille und Neugier sind mein Antrieb.